ab Jan. 1943 – Mai 1945

Vom Jahre 1943 ab nahm die Zahl der Luftangriffe auf rheinisches Gebiet so stark zu, dass die Bevölkerung mehrmals in einer Nacht die Schutzräume aufsuchen und sich dort stundenlang aufhalten musste. In den Mittagsstunden des 12. August 1943 überflog ein großes Geschwader englischer Jagdflieger die Kückhovener Gemarkung und schoss im freien Feld auf die dort arbeitende Bevölkerung.

Umzug  der Landwirtschaft zu Erntedank

Der selbe Verband griff am gleichen Tag das Kraftwerk Goldenberg bei Köln an. In der Nacht zum 17. August erfolgte ein schwerer Angriff auf die Städte Mönchengladbach und Rheydt, bei dem auch die weitere Umgebung der Städte in Mitleidenschaft gezogen wurde.

In einigen Nachbargemeinden von Kückhoven brachen größere Brände aus, während unser Ort – abgesehen von einer in der Nähe des Dorfes gelegenen Getreidemiete, die in Flammen aufging – verschont blieb. Groß war in dieser Nacht die Zahl der über Kückhovener Flur abgeworfenen Phosphor- und Thermitbomben, die auf freiem Feld ausbrannten, ohne größeren Schaden anzurichten.

Gegen Mitte des Jahres 1944 nahm der Krieg eine entscheidende Wende. Den Amerikanern war in der Nacht vom 6. zum 7. Juni die Invasion von England nach Cherburg geglückt. Von diesem Zeitpunkt an löste sich die deutsche Front im Westen langsam auf und wurde immer weiter zurück gedrängt. Besonders deutlich zeigte sich die starke Überlegenheit des Gegners in der Luft. Die deutsche Luftabwehr erwies sich nicht mehr so schlagkräftig, wie von maßgebender Stelle prophezeit worden war. Trotz der massenhaften Anflüge kam es selten vor, dass die Flak einen Abschuss meldete.

Dagegen brachten die zahlreichen Blindgänger unsere Abwehr und hiesigen Bevölkerung in große Gefahr. Im September 1944 traf ein solcher Blindgänger das Haus des Landwirtes Adrian Hintzen, durchschlug die Schlafzimmerdecke, wo mehrere Kinder schliefen und blieb im Boden der Küche stecken. Einige Tage später wurde das Gehöft von einem weiteren Geschoss getroffen. Dieses mal wurde der Kuhstall getroffen und es kam zur Explosion. Alle im Stall befindlichen Tiere erlitten durch Splitter schwere Verletzungen und mussten Notgeschlachtet werden.

Blick auf die ehemalige Kirchstraße (Servatiusstr.) in Richtung Kirche

Ein weiterer Blindgänger traf das Haus Gehlen an der Maar.

Je näher die Front an die deutsche Westgrenze heranrückte, steigerte sich die Angriffstätigkeit der Feindflüge auf Verkehrsmittel, Landarbeiter usw. Die Folge war, dass die Bevölkerung sich kaum noch aus den Häusern wagte. So wurde im Sommer und Herbst 1944 ein großer Teil der Ernte und der Feldbestellung nicht mehr durchgeführt.

Im September 1944 wurde die männliche und weibliche Bevölkerung, soweit sie eben abkömmlich war, seitens der NSDAP zu Schanzarbeiten verpflichtet. Durch den Bau von Panzergräben sollte der Vormarsch des Feindes aufgehalten werden. Zu diesen Arbeiten waren neben der Zivilbevölkerung aus dem Siegkreis und dem Kölner Bezirk auch Fremdarbeiter aus dem Osten herangezogen worden. Im November kamen bei dem Bau der Panzergräben an der Thingstraße auch Schulkinder, Mädchen und Jungen, der 4. Oberklassen zum Einsatz. Die Arbeiten waren mit großen Gefahren verbunden, weil sie oft von feindlichen Tieffliegern gestört wurden.

Im November 1944 erfolgte der erste große Luftangriff auf die Städte Düren, Jülich und Heinsberg. Ein großer Teil der zurückfliegenden feindlichen Bomber überquerte Kückhoven in Richtung Erkelenz und wurde von der in Kückhoven stationierten Luftabwehr heftig beschossen. Der am Panzergraben neben der Thingstraße beschäftigte Schüler Heinz Matzerath erlitt an diesem Tage eine Halsverletzung durch Granatsplitter.

Im November und Dezember 1944 gab es heftige Luftangriffe auf unseren Ort. Am 28. November wurden mehrere Häuser beschädigt, so das Wohnhaus von Hermann Beuth, die neuerbaute Scheune von P. Henkes (Eitzen) und das Haus von Arnold Schmitz (neben der Schule) schwer getroffen.

Außer dem Hofbesitzer Henkes, der an diesem Tag in Urlaub gekommen war, kamen durch eine Bombe 7 weitere in seinem Haus einquartierte Soldaten ums Leben.

Noch größere Verluste forderte das Bunkerunglück auf dem Grundstück des zur Wehrmacht einberufenen Josef Rütten. Am Nachmittag des 5. 12. schlug eine mittelschwere Bombe in den Notausgang dieses Bunkers ein und brachte allen 16 Personen, die dort Deckung gesucht hatten, darunter der Familie Rütten und 3 Soldaten, den Tod. Die Opfer fanden ihre letzte Ruhestätte in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Kückhovener Ehrenfriedhof.

Am Nachmittag des 8. Dezember fielen weitere  Bomben, die zwar keine Menschenleben forderten, aber das Wohnhaus von Paul Settels sowie die Scheunen von Peter Henkes (früher Kirchstraße) und Hermann Beuth in Trümmer legten. Bei diesem Angriff kamen auf dem Anwesen von Peter Henkes, das in Brand geriet, eine Anzahl von Pferden in den Flammen um.

Zwei Tage später, in den Mittagsstunden des 10. Dezember, erfolgte ein weiterer Angriff feindlicher Tiefflieger. Stark beschädigt oder zerstört wurden die Häuser der Familien Emonds, Pardon, Mainz, Adams, Hommers und Roßkamp.

Tragisch war das Schicksal des Kückhovener Soldaten Ludwig Hermanns. Er war an diesem Tag in Uhrlaub gekommen und hatte gehofft, nach langer Abwesenheit seine Eltern wiederzusehen. In der Enttäuschung, dass sie wenige Tage vorher den Räumungsbefehl gefolgt waren, fand er bei diesem Luftangriff durch einen Granatsplitter den Tod.

Der Hauptgrund für die starke feindliche Angriffstätigkeit auf Kückhoven war in dem Umstand zu suchen, dass in mehreren Häusern des Ortes, so bei Paul Settels, Matzerath, Merkens, Erdmann und auch in der Kirche Funkstationen eingerichtet waren.

Der Hauptgrund für die starken feindlichen Angriffe auf Kückhoven ware in dem Umstand zu suchen, dass in mehreren Häusern des Ortes, so bei Paul Settels, Matzerath, Merkens, Erdmann und auch in der Kirche Funkstationen eingerichtet waren.

Die zahlreichen Panzer, die in jenen Wochen ihren Weg durch Kückhoven nahmen, beschädigten die Straßen der Gemeinde so schwer, dass diese ein bejammertes Bild boten. Von Fußgängern waren die Straßen nicht mehr passierbar.

Durch unvorsichtiges Umgehen mit einer Panzerfaust ereignete sich am 9. 12. 1944 in dem Haus Hermann Küppers ein schweres Unglück, bei dem drei deutsche Soldaten ihr Leben einbüßten. Das Haus erlitt schwere Beschädigungen.

Bereits im September 1944 war seitens der Partei der Befehl ausgegangen, die Zivilbevölkerung in Nähe der Rurkampflinie vorübergehend in die weniger gefährdeten rechtsrheinischen Gaue umzuquartieren. Anfangs widersetzte man sich vielfach den Aufrufen. Nachdem aber Kückhoven in das Kampfgebiet einbezogen worden war, siegte doch die Vernunft, und die Räumung des Ortes setzte in großem Umfang ein.

Viele Familien hatten sich rechtzeitig bei Verwandten und Bekannten im mittel- und süddeutschen Raum ein Quartier gesichert und verließen nach und nach die Heimat mit den planmäßigen Zügen der Reichsbahn.

Die letzten Sonderzüge gingen in der Zeit vom 5. bis 10. Dezember von den Bahnhöfen Wegberg und Otzenrat ab. Die Stadt Erkelenz lag um diese Zeit bereits so stark unter feindlichem Artilleriefeuer, dass man die Abfahrt vom dortigen Bahnhof nicht mehr wagen konnte.

Ein großer Teil der von Kückhoven aus Evakuierten fand im Raum zwischen Harz, Thüringer Wald und Erzgebirge mehr oder weniger freundliche Aufnahme.

Nach dem 15. Dezember waren nur noch 40 Einheimische im Ort anwesend, unter ihnen auch Pfarrer Schlitter und Herr Ortsbürgermeister Peter Meyer.                                         Das Weihnachtsfest 1944 verlief in Kückhoven still und ohne besondere Ereignisse.        Auch um die Jahreswende bis Mitte Januar 1945 ruhte die feindliche Fliegertätigkeit völlig. Die Ursache hierfür war, dass der Feind seine gesamten Luftstreitkräfte zusammen zog, um die deutsche Ardennenoffensive, die Mitte Dezember 1944 begonnen hatte, aufzufangen.

Am 2. Februar 1945, mittags zwischen 11 und 12 Uhr, beschoss die feindliche Artillerie  Kückhoven aus Richtung Linnich. Hierbei wurden die Häuser Settels(Gastwirtschaft) und Jansen (Kirchstrasse) durch Granatsplitter gänzlich zerstört.

Ein feindlicher Flieger umkreiste wiederholt den Turm der Pfarrkirche, vermutlich weil hier eine deutsche Funkstation untergebracht war. Der darauf erwartete Beschuss blieb jedoch aus.Am 2. Februar 1945, mittags zwischen 11 und 12 Uhr, beschoss die feindliche Artillerie Kückhoven aus Richtung Linnich.

Erst am 22. Februar nahm die Fliegertätigkeit wieder zu. Am drauffolgenden Tag, um die Mittagszeit erfolgten dann zwei schwere Luftangriffe auf unseren Ort. Folgende Häuser wurden stark beschädigt oder ganz zerstört: Müller, Henrich Viethen, Peschen, Corsten, Venedey, Franz Hermanns, Geilenkirchen, Peter Henkes, Immeln, Josef Küppers, Wolter, Muckel und Merkenich, ferner das Gemeindehaus. Auch das zur Straße gelegene Seitenschiff der Pfarrkirche erlitt an diesem Tage, ebenso wie die erst vor wenigen Jahren aufgestellte neue Orgel, schweren Schaden.

Als kurz nach diesen schweren Angriffen auch das feindliche Artilleriefeuer wieder einsetzte, entschloss sich ein Teil der noch Daheimgebliebenen in östlicher Richtung abzuwandern.

Nachdem am Morgen des 26. Februar einige am Dorfrand gelegene Getreidemieten in Flammen aufgegangen waren, rückten amerikanische Verbände, von Katzem kommend, zwischen 10 und 11 Uhr mit Panzern und Infanterie gegen unseren Ort vor.

Die deutschen Truppen setzten nur geringen Widerstand entgegen und gerieten zum Teil in Gefangenschaft. An diesem Tag fanden noch drei Kückhovener Einwohner, nämlich Frau Beuth, Christin Wirtz und Walter Laumen , den Tod.

Nachdem die Feindtruppen die Rheinlinie überwunden hatten, setzte im April 1945 die Rückwanderung der evakuierten Bevölkerung in größerem Umfang ein. Manche von ihnen fanden ihre frühere Wohnung, in einem unbeschreiblichen Zustand vor. Andere standen vor Ruinen und mussten in Wohnungen eingewiesen werden, deren rechtmäßige Inhaber noch nicht zurück kehren konnten.

Der rechtzeitigen Bestellung der Felder und Gärten standen im Frühjahr 1945 große Schwierigkeiten entgegen. Es fehlte an Saatgut, Ackergeräten, Arbeitskräften und Pferden. Hinzu kamen die Gefahren durch nicht geräumte Minenfelder und umher liegender Munition.

So forderte denn der verlorene Krieg in Kückhoven nachträglich noch mehrere Opfer. Es waren dies: Landwirt Theodor Dokter, der im Sommer 1945 bei der Getreideernte durch eine Kettenmine und der Rentner Franz Erdmann, Katzemer Straße, der bei Aufräumungsarbeiten an seinem Haus durch unvorsichtiges Umgehen mit einer Kastenmine im Herbst 1945 zu Tode kam.